Am vergangenen Dienstag verließ Save the Art das Magiculum und verlegte die Aufnahme der Livestream-Show in eine deutlich größere Location – ins Apollo Kino Hannover, der Heimat von Desimos Spezial Club. Anlässlich der entfallenen Gastspiele der Künstler, die auch an diesem Abend zu Gast waren: Jan Logemann, Matthias Brodowy und dem Namensgeber der Spezial Club, Desimo. Da die Verleihung des sPEZIALIST Publikumspreises in den Herbst verschoben werden musste, bekam die Show den Namen „sPEZiALIST spezial – Once in a Livetime“.
Ganz ungewohnt begrüßte Desimo die Zuschauer, am Backstageeingang des Theaters. Nach einer kurzen Führung, vorbei an der Wand mit Postkarten bereits aufgetretener Künstler, den Fundsachen-Schrank, einem Besuch in der Garderobe und der Regie, sah man von der Bühne aus auch, wieso der Vordereingang geschlossen war: Die roten Kinosessel des Saals leer, reales Publikum vor Ort war natürlich nicht erlaubt.
Lediglich die drei Livekünstler nahmen
zwischenzeitlich, je nachdem, wer gerade auf der Bühne stand mit entsprechendem
Abstand, in einer der Reihen platz.
Zu Anfang aber standen erst einmal alle auf der Bühne: Matthias Brodowy spielte eine Ouvertüre auf dem Klavier. Desimo begrüßte die daheim gebliebenen Zuschauer, berichtete von der Idee und dem Weg, der ihn und seine Kollegen an diesem Abend dorthin geführt hatte.
Mit einer Laudatio, einer Anmoderation von Matthias betrat auch Jan Logemann, vorgestellt als Dompteur seiner 52 Freunde und Initiator von Save The Art, die Bühne.
Jan, selbst sPEZIALIST 2019, hatte für seinen ersten Auftritt jedoch seine 52 Freunde, die Spielkarten, beiseitegelegt, nahm stattdessen Münzen zur Hand, um einen der Schlüsselmomente für ihn zu veranschaulichen: Als er das erste Mal einen Zaubertrick sah. Wie jemand Münzen in den Händen erscheinen und verschwinden ließ, eine Münzroutine, mehr Vorstellungskraft als Fingerfertigkeit.
Mit seinen Kollegen sprach er darüber, wie es war, so einen Moment selbst zu erleben, wenn jemand sogar Zauberei in den eigenen Händen geschehen lassen konnte. Solchen Erzählungen merkt man oft eine ehrliche Leidenschaft für die Zauberkunst an, die, wie im Gespräch folgte, auch zur Verbunden zum Magiculum Hamburg und zum Projekt „Save The Art“ führte. Auch ein Künstler, der in den Livestream-Shows in Hamburg bereits einige Mal Gastgeber war, Werner Momsen, meldete sich via Video bei seinen Kollegen.
Matthias wiederum teilte Erinnerungen mit dem Apollo Kino Hannover. Nicht nur im Gespräch, vorallem in einem Lied über das Kino in Linden-Limmer, passenderweise benannt nach Apollo, dem griechischen Gott der Künste, über die Bedeutsamkeit für ihn persönlich und über die merkwürdige aktuelle Situation. Insbesondere die letzte Strophe des Liedes, über leere Sitzreihen und den Stillstand der Kultur ging, wie Desimo richtig bemerkte, „sehr ans Herz“.
Dennoch gaben die Künstler alles, um die Zuschauer zu Hause an diesem Abend zu unterhalten.
Jan, schließlich doch mit seinem Kartenspiel, verwickelte Matthias in eine wunderbare Routine, bei der eine frei gewählte Karte nicht etwa vom Künstler gefunden wurde, sondern in gewisser Weise vom ganzen Kartenspiel, dass immer wieder sein Äußeres veränderte.
Nun aber nahmen alle drei, ausgestattet mit dem Ort angemessenem Knabberzeug, im Publikumsbereich Platz, denn die Leinwand wurde jetzt gebraucht. Wie sich herausstellte, hatten es sich viele viele Künstlerkollegen nicht nehmen lassen, Videobotschaften für diesen speziellen Abend aufzunehmen.
Topas (Thomas Fröschle) mit Gedanken zur Nahrungsaufnahme in Zeiten der Ausgangssperre; „Eure Mütter“ mit einem unterhaltsam umgesetzten Videogruß; Bernhard Wolff, auf den am besten die Bezeichnung „Sprachkünstler“ zutreffen dürfte, so, wie er Lieder rückwärts performen kann; Lisa Feller, die sich aus der Ausgangssperre mit ihren Kindern meldete; Helge Thun mit einem Ausschnitt aus der Serie „Reimpatrouille Corona“ mit fast schon logischen Verschwörungstheorien; Glas-Blas-Sing mit, wie sollte es anders sein, einem jedes einzeln von zuhause aufgenommenem und zusammengeschnittenem Musikstück, gespielt auf Flaschen, und mit Ohrwurmgarantie; Sascha Grammel und seine Puppe Frederic mit einem Gruß an die anwesenden und zukünftigen sPEZIALISTEN; zuletzt noch Business Jongleur und Stand up Comedian Timo Wopp sowie Beatboxer RoBeat. Selbst Kabarettist Sebastian PuffPaff durfte nach einigen unaufgeforderten Unterbrechungen seinen Senf zur Show dazugeben.
Von Video-Gastauftritten ging es zurück zu den
Gastkünstlern.
Matthias sinnierte über die aktuellen Bestimmungen, Politiker, wie er
vermeintlich Zoll und Umtausch für sich nutzt und den Zufall darüber, dass
gerade wir in dieser Zeit leben.
In einem Song stellte und beantwortete er sich selbst die Frage, was wäre, wenn er jemand anderes sei, eine große Persönlichkeit etwa aus Wissenschaft, Kunst oder Herrschertum. Nur um letztlich festzustellen „als Hofnarr bliebe alles wie es ist“.
Auch Desimo ließ es sich nicht nehmen, als Gastgeber etwas auf der Bühne zu präsentieren. Er habe die Wochenendzeitung zu schätzen gelernt, um zumindest eine Orientierung bezüglich der Wochentage zu haben, und machte daraus auch gleich ein Zauberkunststück, dessen Slow Motion-Auflösung, da der Mensch ja schneller sei als sein Auge, zwar nur leidlich glaubhaft, aber umso lustiger war. Die einzig echte Erklärung sei, man müsse „um die Ecke denken“.
Zu guter Letzt zog es alle drei Künstler wieder zusammen auf die Bühne. Matthias am Klavier, Desimo als „Erklärbär“, der eine Erklärung suchte für einen Münzverschwindegriff von Jan, im Team mit einem sehr sehr kleinen helfenden Händchen.
Die Resonanz auf die Show war bereits am Abend des 21.04. riesig. Mit den verkauften digitalen Tickets für drei Shows, eine Aufzeichnung und zwei Wiederholungen, sei das Apollo fünf Mal ausverkauft gewesen.
Aufgrund der großen Nachfrage hatte es danach sogar noch zwei weitere Sendetermine gegeben.
In dem Aufwand, der hinter einer solchen Produktion steckt, der einer echten Showaufzeichnung nahekommt, liegt ein Weg, darstellende Kunst auch in Zeiten von Veranstaltungsverbot hochwertig und greifbar sein zu lassen, ohne zu riskieren, sie minder zu werten, dank digitalem Eintritt, der den Beteiligten zu Gute kommt. Auch beweist es, dass ein respektvoller wie unterhaltsamer Umgang miteinander trotz Abstand möglich ist, unter Kollegen wie gegenüber der Zauberkunst, gegenüber jeder dargebrachten Kunstform, die an diesem Abend ihren Weg auf die digitale Bühne gefunden hat. Danke dafür!
Autorin: Isabelle Koschinski (IsKo artist-services & Augenblicksammlerin-Blog)